BERLIN, BÜLOWSTRAßE 80 A
Autorin: Gabriele Beyerlein
Erschienen im: Thienemann Verlag
492 Seiten - Ab 12 Jahren


"Bülowstraße 80 a" erzählt die Geschichte von zwei jungen Frauen, Mutter und Tochter Dr. Schneider, die gegen die männerdominierte Berliner Gesellschaft aufbegehren und versuchen, um 1890 als Frauen Erfolg zu haben.

Zuerst wird aber über mehr als die Hälfte des Romans das Leben der bürgerlichen und aristokratischen Frauen beschrieben. Das ewige Stillsitzen, Klavierüben, Singen, Tanzen, Sticken, die ständigen Bälle und gesellschaftlichen Verantwortungen, das Verbot, richtige Bücher zu lesen, zu reden worüber es einen beliebt, zu gehen wohin man will - und alles nur für das einzige und ultimative Ziel: standesgemäß zu heiraten.
Denn darauf läuft alles hinaus: einen reichen Mann von Stand heiraten, Kinder kriegen, die Söhne zu Offizieren und die Töchter zu Ehefrauen zu erziehen. Doch es ist die Zeit des Aufbegehrens, vereinzelt werden schon Frauen an Universitäten zugelassen.
Für Sophie Schneider ist es der plötzliche Tod ihres Mannes und die Not nach Geld, um ihre Kinder ernähren zu können, die sie dazu bringen ihre heimlich geschriebenen Novellen und Romane zu veröffentlichen und als Schriftstellerin berühmt zu werden.
Und für ihre hochbegabte Tochter Lotte ist es der unstillbare Wissensdurst, der sie alle Hürden überspringen lässt und sie nach einem hart erkämpften Abitur (Matura) an die Universität bringt, wo sie wie ihr Vater Arzt werden kann, oder bessere gesagt: Ärztin.

"Bülowstraße 80 a" hat mir gut gefallen, obwohl ich mir mehr richtiges Aufgebehren, wie wir es nur im letzten Drittel des Buches finden, gewünscht hätte. Der Teil mit der Beschreibung der Frauensituation um 1890 ist zwar historisch exzellent recherchiert und sehr interessant, aber von einem Buch, das sich laut Klappentext der Emazipation verschrieben hat, erwarte ich eigentlich schon, dass die Frauenbewegung nicht nur in Hintergedanken und dann im letzten Drittel vorkommt. Es ist zwar gut zu wissen, wie die Situation zuvor war, aber das hätte man sehr viel mehr kürzen können. Ab dem Tod von Lottes Vater wird es dann aber endlich wirklich gut und so wie man es sich gewünscht hätte.
Wenn man sich nicht auf einen kompletten Emanzipationsroman einstellt, sondern auf einen gut recherchierten historischen Roman, dann wird "Bülowstraße 80 a" von Gabriele Beyerlein einen auf jeden Fall nicht enttäuschen.


Diese Buchbesprechung stammt von Lilly, 15 aus Wien (August 2007)