Herr der Diebe
Autorin: Cornelia Funke
Erschienen im: Dressler Verlag
399 Seiten - Ab 10 Jahren


Da mehrere Lieblingsbücher meiner Tochter Lilly (12) in Venedig spielen, fuhren wir im Herbst in die Lagunenstadt - auf Spurensuche. Die lange Zugfahrt nützte ich dazu, eines der Bücher zu lesen: "Herr der Diebe" von Cornelia Funke. Die Lektüre war sogar für mich Erwachsene so unterhaltsam und spannend, dass die Stunden im Zug ruckzuck vorüber gingen.

Cornelia Funke erzählt die Geschichte zweier Jungs aus Deutschland: Prosper (12) und Mo (5). Sie flüchten nach dem Tod ihrer Mutter in die Stadt der Gondeln, der geflügelten Löwen und verwuschenen Plätze, um nicht von Tante Esther adoptiert zu werden. Die ist nämlich reichlich unsympathisch und will außerdem nur den entzückenden Mo aufnehmen. Prosper soll ins Internat abgeschoben werden. In Venedig treffen Prosper und Mo auf eine Kinderbande, die in einem aufgelassenen Kino haust und vom Herrn der Diebe angeführt wird. Dieser heißt eigentlich Scipio, trägt immer eine Maske und hochhackige Stiefel und wirkt so respekteinflößend, dass kaum jemand merkt, dass er erst 12 ist. Er taucht immer nur abends auf und selbst seine besten Freunde wissen nicht, wo er wohnt. Von seinen Beutezügen versorgt er die Kinder mit Waren, die diese zu guten Preisen wieder verkaufen.
Die Kinderbande wird zur neuen Familie von Prosper und Mo. Und eigentlich wäre alles bestens, wenn nicht Tante Esther den besten Detektiv Venedigs beauftragt hätte, die beiden zu finden. Und wenn nicht ein mysteriöser "Conte" den Herrn der Diebe beauftragt hätte, den hölzernen Flügel eines Löwen zu stehlen. Der Detektiv nämlich kommt der Kinderbande auf die Spur, der Löwenflügel führt die Kinder auf eine geheimnisumwitterte und gefährliche Laguneninsel, und schließlich fliegt auch noch die wahre Identität von Scipio auf. Resultat: Es folgt ziemlich viel Action, Spannung, Verwirrung und ein paar ganz ungewöhnliche Wendungen, die hier natürlich nicht verraten werden. Am Ende der abenteuerlichen Geschichte haben Prosper und Mo trotz einiger trauriger Umstände ein neues Zuhause und neue Freunde gefunden. Und die Schreckschraube Tante Esther kriegt zum Schluß auch noch ihr Fett ab!

Ein unbedingt empfehlenswertes Buch: spannend, oft witzig und rasant geschrieben. Und trotz der abenteuerlichen Story ist es eine Geschichte mit Tiefgang, die auch Melancholie und Traurigkeit zuläßt. Da paßt es gut, dass der "Herr der Diebe" im winterlichen, manchmal auch düsteren Venedig spielt. Die Stadt trägt überhaupt eine wichtige Rolle in dem Buch (sie ist fast so etwas wie eine "Hauptfigur"), und Cornelia Funke läßt die Handlung gut recherchiert an echten Plätzen in der Stadt ablaufen. Für diejenigen, die "Herr der Diebe" schon kennen: Wir haben bei unserer Spurensuche sogar den "Bücherscheißer" gefunden. Es gibt ihn wirklich!



Diese Buchbesprechung stammt von Sabine, schon erwachsen, aus Wien (November 2004)