WENN ER KOMMT, DANN LAUFEN WIR
Autor: David Klass
Erschienen im: Arena Verlag
325 Seiten - Ab 14 Jahren
„Ich schaute ihn über die Waffe hinweg an. Das ist das Ende,
dachte ich, Hier hört alles auf. Auf diesem Boot. Bei diesem
Sonnenuntergang. Durch die Hand meines eigenen Bruders. Versuche in
seinen Augen die Augen deines Vaters zu sehen, sagte ich mir. Suche den
Ausdruck von Liebe und Güte und dann sterbe mit diesem Anblick.“
Troy und Jeff sind Brüder. Troy liebt Jeff. Jeff hasst Troy. Jeff
hat Angst vor Troy. Oder besser gesagt: er hat Angst vor dem, was Troy
getan hat. Und
wieder tun wird. Da ist sich Jeff ganz sicher, sein großer Bruder
ändert sich nicht. Das Böse ändert sich nicht.
Troy sitzt seit fünf Jahren in einem
Hochsicherheitsgefängnis. Seit er 16 ist, seit er einen Jungen
umgebracht hat.
Jeff hat sich inzwischen ein neues Leben aufgebaut. Weit weg, in einer
neuen Stadt. Hat neue Freunde gefunden, hat sich verliebt. Trotz allem
versteckt er sich. Zeigt nie, wie klug er wirklich ist. Genauso klug
wie sein Bruder, der Mörder.
Ein Gericht entscheidet, dass Troy nach Jugendstrafrecht hätte
verurteilt werden sollen und lässt ihn frei. Seine Eltern nehmen
ihn wieder zu Hause auf. Sie wollen ihm eine zweite Chance geben.
Glauben, er hat gebüßt, sich verändert.
Jeff ist der Einzige, der nicht meint, dass sich sein Bruder
verändert hat. Der glaubt, dass sein Bruder wieder jemanden
töten wird.
Die beiden Brüder verbindet ein seltsames Verhältnis. Sie
sind die Einzigen, die den jeweils anderen wirklich kennen. Jeff kennt
Troys Geheimnisse, und Troy weiß von Jeffs größter
Angst, dem Grund warum er sich immer versteckt. Und genauso stark wie
Jeff Troy hasst, sosehr liebt Troy seinen kleinen Bruder - und versucht
immer wieder, es zu beweisen.
Als ein Junge aus Jeffs Schule verschwindet, beginnen die ganzen
Anschuldigungen, vor denen Jeffs Familie damals nach dem ersten Mord
flüchtete, wieder. Jeff wird von Jungen aus seinem Team
verprügelt, seine Freunde reden nicht mehr mit ihm, Fremde werfen
Steine in ihr Wohnzimmer.
Troy schafft es aber, allen etwas vorzuspielen. Sogar
für die Polizei ist er nach einiger Zeit nicht mehr der
Hauptverdächtige. Und Jeffs Freunde beginnen wieder mit ihm
zu reden und finden schließlich Troy doch einen netten
Kerl. Nur Jeff glaubt weiterhin, dass sein Bruder ein Mörder ist.
Er erkennt, dass Troy fliehen will und versucht es zu verhindern.
Zum mitreißenden Schluß kann Troy beweisen, wie sehr
er seinen Bruder wirklich liebt.
Mir hat "Wenn er kommt, dann laufen wir" sehr gut gefallen. Der Roman
wird aus der Sicht von Jeff, dem jüngeren Bruder, erzählt.
David Klass geht genau auf Jeffs Gefühle ein und bringt auch
Figuren, die Jeff helfen zu erkennen, dass er sich nicht immer
verstecken soll. (Zum Beispiel den Chemielehrer Mr.Tsuyuki, der in
seinem Unterricht das Thema "Gut und Böse" behandelt.) Vor allem
aber fand ich das Verhältnis und die Dialoge der beiden
Brüder super. Es sind immer sehr emotionale Gespräche, die
zum Nachdenken über Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Glauben
anregen. Es kommt selten vor, dass ich mir so viele Stellen aus
einem Buch rausschreibe - und es waren nur Zitate aus Gesprächen
zwischen den Brüdern.
Diese Buchbesprechung stammt von Lilly, 14 aus Wien (Dezember 2006)