DAS KLEINE MÄDCHEN ALICE
Es war Sommer, als ein kleines Mädchen geboren wurde. Jeder liebte
sie und schenkte ihr seine ganze Aufmerksamkeit. Mit ihren kleinen
Händchen und ihrem süßen Lächeln bezauberte sie
jedermann.
Zu dieser Zeit war ich 14 Jahre alt. Ich war dumm und zu allem zu
haben. Auch zum Schlechten. Ich rauchte und traf mich mit Freunden in
dunklen Gassen und Discos. Die Jahre vergingen und ich bemerkte, dass
dies zu nicht führen konnte. Jeden Tag wachte ich in einem
verrauchten Zimmer auf. Ich taumelte ins Bad und übergab mich,
weil ich den Tag zuvor wieder ein Mal zu viel getrunken hatte. Danach
stolperte ich wieder in mein abgedunkeltes Zimmer und verqualmte es
noch mehr. Ich wollte dieses Leben nicht mehr führen, doch ich
hatte noch keinen Mut dazu meiner Umgebung diese Umstellung
anzuvertrauen, deshalb machte ich weiter wie bisher. Mir erging es
immer schlechter und ich lebte nur noch von Alkohol, als eines Tages
jemand an unsere Tür klopfte.
Es war niemand, außer mir zu Hause, deshalb schlenderte ich
mürrisch zur Tür. Langsam ging ich die Treppen hinunter und
öffnete unsere Haustür. Ein kleines Mädchen stand vor
mir. Vielleicht gerade vier Jahre alt Ich hatte sie noch nie gesehen,
jedoch schon sehr viel von ihr gehört. Meine Mutter redete
unaufhörlich über sie. "Oh, sie hätte auch so gerne eine
solche Tochter. Bernhard wie wäre es denn? Reicht unser Geld noch
für ein weiters Kind?"
Das Mädchen vor der Tür, reichte mir einen Strauß voll
gut riechender Blumen. Sie war wunderschön. Eine Veränderung
ging mit mir vor. Ich nahm ihr die Blumen ab, kniete mich vor sie hin
und strich ihr über die Haare. "Danke! Ich werde gut auf sie
aufpassen! Wie heißt du denn?"
Sie lächelte mich an. Als sie gerade antworten wollte, rannte eine
hektische Frau auf sie zu, packte sie und rannte mit ihr davon. Ich
hörte noch wie sie sagte: "Alice! Dieser Junge ist
gefährlich! Lauf mir ja nicht wieder so weit… "
Ich wusste, jetzt war die Zeit gekommen etwas zu ändern. Das
kleine Mädchen, war ein Zeichen, dass die Zeit gekommen war. Um
ganz bei der Sache zu sein, legte ich mich schlafen. Als ich aufwachte,
sah ich mein dunkles Zimmer. Ich stand auf, ging zu meinem Fenster und
riss den Karton herunter, ließ die Jalousien hinauf und
wiederholte dies bei all meinen Fenstern. Danach öffnete ich sie
alle um den ganzen Rauch hinaus zu schaffen. Im ersten Moment erschrak
ich, wegen des vielen Lichtes das meinen Raum nun erhellte und wollte
alles wieder rückgängig machen, doch ich hielt mich
zurück und ging aus dem Zimmer. Ich schloss die Tür und ging
ins Badezimmer. Dort stellte ich mich unter die Dusche und wusch mir
mit Mühe all den Rauch und Schweiß ab. Meine alten,
zerrissenen und verrauchten Klamotten schmiss ich in den Müll.
Stattdessen holte ich meine anständigen Hosen und Hemden aus
der hintersten Ecke meines Schrankes hervor und zauberte mir einen
passablen Aufzug. Alle meine Zigarettenschachteln, Aschenbecher und
Alkoholflachen wanderten ebenfalls in den Müll.
Schon viel freier schlenderte ich in die Küche und strich
mir ein Butterbrot. Gerade als ich zum Telefon greifen wollte um Andy
anzurufen, klingelte es an der Tür. Mit meinem Brot in der Hand
öffnete ich die Tür. Ich erschrak genau so wie Andy, der mit
offenem Mund vor mir stand. Er fasste sich wieder einigermaßen
und sagte "Dani! Hat deine Mutter dir das angetan? Wie hat sie
das bloß angestellt?" Ich antwortete "Andy! Ich wollte dich
gerade anrufen! Ich will dir nämlich etwas sagen. Komm doch rein."
- "Also, ich weiß ja nicht. Möglicherweise bringt mich deine
Mutter auch noch dazu solche Klamotten zu tragen.", schüchtern
trat er ein. Belanglos sagte ich: "Das war nicht meine Mutter."
Ich aß mein Butterbrot auf. "Setz dich, ruhig."< Andy
setzte sich.
"Also…", ich setzte mich neben ihn. "Ich habe das gemacht. Ich bin
jetzt ein Anderer. Ich werde nicht mehr rauchen, nicht mehr trinken und
ich WERDE zur Schule gehen."
Mein Freund starrte mich fassungslos an. Plötzlich stand er auf
und ging die Treppe hoch. Es waren noch keine fünf Sekunden
vergangen, als er total aufgebracht die Treppe wieder herunter rannte
und schrie: "Was hast du mit deinem Zimmer gemacht?"
"Oh; das habe ich auch ein wenig verändert. "Er rannte aus dem
Haus. Ein paar Stunden später kam er mit all seinen Freunden
wieder. Sie wollten mich umstimmen und sie haben sogar Versuche
unternommen mich mit Gewalt zurück in ihre kranke Welt zu holen.
Ab diesem Zeitpunkt merkte ich, was ich für schreckliche Freunde
hatte. Als sie nicht mehr wussten was sie tun sollten, beendeten sie
unsere Freundschaft und verschwanden.
Da ich wusste, dass meine Mutter bald nach Hause kommen würde,
versuchte ich mich im Kochen. Mit dem Herd hatte ich keine Probleme. Er
fing nicht Feuer und machte auch keine komischen Geräusche oder
so, doch die Nudeln ließ ich ein bisschen zu lange im Wasser. Als
ich gerade die Nudeln in der Tomatensoße schwenkte, kam meine
Mutter in die Küche und schaute mich irritiert an. Verwirrt fragte
sie: "Kochst du?" Stolz antwortete ich: "Ja. Für uns beide. Vater
kommt ja erst Morgen wieder." Auch sie war völlig von den Socken,
als ich ihr meine Veränderung schilderte, doch sie glaubte mir
Anfangs nicht recht. Die ganze Woche über, beobachtete sie mich.
Eine Woche nach meiner Umstellung aber, begriff sie, dass es kein
Scherz war und erdrückte mich fast vor Freude. Auch Dad war stolz
auf mich. Nachmittags des gleichen Tages klingelte es an der Tür
und man sah mir die Freude an, als das kleine Mädchen Alice mit
einem Blumenstrauß vor mir stand. Sie reichte mir den bunten
Strauß und ich nahm ich dankend an. Wie beim letzen Mal hockte
ich mich zu ihr hinunter. <Du heiß Alice, nicht wahr?" Sie
nickte und lächelte dabei. "Ich danke dir Alice. Du hast mir bei
einem sehr großen Problem geholfen." Wieder lächelte sie
mich an.
"Wie alt bist du denn?", fragte ich sie. "Vier Jahre und ein halbes
Jahr" antwortete sie stolz. In diesem Moment rannte ihre Mutter wieder
zu Alice und nahm sie auf den Arm. "Du hast dich ja verändert,
habe ich gehört", sagte sie streng, den Blick auf mich gerichtet.
"Ja, Mrs. Langfeldt", antwortete ich.
"Naja, Von Drogen wegzukommen hatte bisher fast niemand geschafft,
warum also du? Ich bitte dich, halte dich ab sofort von meiner Tochter
fern!", sagte sie abschätzend. Ich wollte gerade etwas erwidern,
als ich die Stimme meiner Mutter hörte. Mrs. Langfeldt verschwand
sofort. Mit ihr die kleine Alice, die mich anlächelte.
Es vergingen Monate und Jahre. Jeden Sonntag schaffte Alice es, sich
aus dem Haus zu stehlen und mir Blumen zu bringen. Mein Zimmer war voll
damit, jede einzelne, habe ich mir aufgehoben. Die verwelkten
ruhen in einer Kiste. Alice Mutter wurde immer wütend, wenn ihre
kleine Tochter zu mir kam, doch sie konnte nichts dagegen tun.
Nun bin ich 23 Jahre alt und Alice neun. Sie und ich sind die besten
Freunde und immer noch bringt sie mir die wöchentlichen Blumen.
Meine Eltern erwähnen Alice nur noch am Rande, denn sie sind jetzt
stolz auf mich und Mutter hat nicht mehr den Wunsch auf ein zweites
Baby. Ich habe meine Schulbildung erfolgreich beendet und studierte
drei Jahre lang. Ich habe noch keine Pläne für die Zukunft,
doch eins weiß ich. Es wird keine Zukunft ohne Alice geben.
Sie
hat mir sozusagen das Leben gerettet und mir mit ihrem fröhlichem
Sein, ihrem hübschen Gesicht und ihrem herzhaften Lachen das Leben
versüßt. Kein Leben ohne Alice. Niemals.
Carmen 14 Jahre (Linz)