PYTHIA



Eines Tages wollte ich mir die Zukunft voraussagen lassen. Also ging ich zur Pythia.
Sie wohnte in einer Höhle. Als ich in die Höhle ging, sah ich eine große Wendeltreppe.
Ich ging die Treppe hinunter, aber nur sehr langsam, weil es rutschig war. Unten war es dunkel. Es leuchteten nur sehr schwach ein paar  Kerzen. In der Mitte war ein See. In ihm schwammen grüne Wassermonster. Eines von ihnen rief:  „Königin! Königin! Es will jemand zu Ihnen. Oder sollen wir gleich anfangen ihn zu essen“? „Nein, schickt ihn mir“ rief sie zurück. Ein anderes Wassermonster nahm mich beim Arm und führte mich zu seiner Königin. Ich traute meinen Augen nicht. Die Königin war Pythia. Schaum quoll aus ihrem Mund. Sie hatte dunkelblaue Haare mit goldenen Spitzen und sie saß auf einem Thron, der einem Zahnarztstuhl ähnlich schaute. Ihre Füße steckten in Samtpantoffeln  und ihr langes, weinrotes Kleid hing bis zum Marmorboden herunter. In der Hand hielt sie eine grüne Katzenfigur aus Stein und zwei gedrehte Schnüre. Sie betrachtete mich lange und dann zündete sie ein kleines Räuchergefäß an, das vor ihr auf einem dreibeinigen Tisch stand.
Sie schloss die Augen und atmete den Rauch tief ein. Dann sprach sie mit dunkler Stimme:
„Nicht fern, dann wirst Du dein Haus verlassen, jemanden sehr unglücklich machen und jemanden sehr glücklich!“
Dann schwieg sie lange mit geschlossenen Augen. Plötzlich fuhr sie auf und schrie mich an: „Scher dich hinaus, du Nichtsnutz, du stiehlst mir meine Zeit, aber vergiss nicht, am Eingang drei Goldstücke zu hinterlassen, sonst werden dich meine Hunde fressen!“
Ich rannte davon, so schnell ich konnte. Beim Ausgang schmiss ich noch die drei Goldstücke in einen Korb. Ich rannte und rannte und erst im kühlen Wald konnte ich wieder aufatmen.


SONJA, 13 Jahre aus Klagenfurt, (2005)